Rhesusfaktor: Warum er eine Rolle spielt

SSW 5-9

Was?

Blutgruppe (A, B, AB oder 0) und Rhesusfaktor (positiv oder negativ) sind Blutmerkmale: Dabei handelt es sich um verschiedene Moleküle (Antigene) auf der Oberfläche der roten Blutkörperchen. Welche Antigene es bei dir sind, wird zu Beginn der Schwangerschaft bestimmt. Zudem wird in deinem Blut nach Antikörpern gegen andere Blutgruppen gesucht.

Test

Der Test erfolgt bei der ersten Vorsorgeuntersuchung und in Woche 24 bis 27. Dazu wird dir eine Blutprobe entnommen und im Labor analysiert.

Warum?

Dein Baby trägt zur Hälfte die Gene seines Vaters und kann deshalb andere Blutmerkmale als du haben. Potenziell besteht dann die Gefahr, dass dein Immunsystem das Baby-Blut deshalb als „fremd“ erkennt und angreift.

Risiko

Bist du Rhesus-negativ, dein Baby aber Rhesus-positiv, bildet dein Immunsystem Antikörper gegen das Blut deines Babys – wenn dein Blut mit dem Baby-Blut in Kontakt kommt. Während der Schwangerschaft aber ist das Risiko einer Blutübertragung gering. Erst bei der Geburt besteht dafür ein erhöhtes Risiko. Doch die Bildung der Antikörper erst erfolgt nach der Geburt. Für dein erstes Baby sind sie somit keine Gefahr. Allerdings bleiben die Antikörper quasi in deinem Immungedächtnis – und können beim zweiten Baby zu gefährlichen Abstoßungsreaktionen führen.

Gut zu wissen

Keine Sorge: Ist dein Blut rhesus-negativ oder frei von Antikörpern, erhältst du eine sogenannte Anti-D-Prophylaxe. Diese verhindert, dass dein Immunsysten Antikörper gegen das Blut deines Baby bildet.

Wofür ist der Test?

Bei der ersten Vorsorgeuntersuchung in deiner Schwangerschaft wird bestimmt, welche Blutgruppe du hast. Denn die Blutgruppen untereinander vertragen sich nicht. Beim Mischen verklumpt das Blut und das kann tödlich enden – etwa bei einer Bluttransfusion mit unterschiedlichen Blutgruppen. Grob gesagt gibt es vier Blutgruppen A, B, AB und 0. Zudem gibt es noch den sogenannten Rhesusfaktor, ein weiteres Unterscheidungsmerkmal.

Ist er vorhanden, bist du rhesus-positiv (Rh+). Fehlt er, bist du rhesus-negativ (Rh-). Die meisten Menschen sind rhesuspositiv, etwa 85 Prozent aller Personen in Deutschland. Aus der Kombination der Blutgruppen mit dem Rhesusfaktor ergibt sich die Bezeichnung, die auch in deinem Mutterpass steht, beispielsweise A positiv oder B negativ.

Gegen den Rhesusfaktor werden vom Immunsystem Antikörper gebildet, wenn rhesus-negativ auf rhesus-positiv trifft. Daher wird bei rhesus-negativen Frauen im Blut zudem zu Beginn der Schwangerschaft und später noch einmal in SSW 24 bis 27 nach derartigen Antikörpern gesucht. Denn sie würden sich gegen das Kind richten.

Was ist das denn eigentlich?

Noch lange bis ins 20. Jahrhundert hinein starben Neugeborene aus unerklärlichen Gründen oder hatten schwere Behinderungen. Erst in den vierziger Jahren kamen Wissenschaftler dahinter, dass dies an einer Unverträglichkeit zwischen dem Rhesusfaktor von Mutter und Kind liegt. Licht ins Dunkel brachten damals Versuche mit Rhesusaffen, daher auch der Name Rhesusfaktor.

Dabei handelt es sich um ein Protein, das auf der Oberfläche der roten Blutkörperchen sitzt – wie auch die Merkmale für die unterschiedlichen Blutgruppen. Fremde Proteine werden vom Immunsystem des Körpers als Eindringling erkannt, attackiert und zerstört.

Dies bedeutet: Bist du Rhesus-negativ, reagiert dein Immunsystem auf den Rhesusfaktor deines Kindes, also wenn es Rhesus-positiv ist. Das ist möglich, denn dein Baby hat zur Hälfte deine Erbanlagen und zur anderen Hälfte die des Vaters. Daher kann dein Baby auch die Blutmerkmale des Vaters haben.

Was geschieht dann?

Falls du rhesus-negativ bist und dein Kind rhesus-positiv, wird dein Immunsystem eine Abwehrreaktion gegen das fremde Eiweiß starten. Und zwar dann, wenn es mit dem Blut deines Babys in Kontakt kommt. Aber keine Sorge: Das ist normalerweise erst gegen Ende der Schwangerschaft oder bei der Geburt der Fall. Während einer ersten Schwangerschaft läuft die Bildung der Antikörper daher auch noch nicht auf Hochtouren, sodass keine Gefahr für dein Baby besteht.

Das Problem: Nach der Geburt wird sich dein Immunsystem für immer an den fremden Eiweißstoff erinnern, denn es bildet Gedächtniszellen. Solltest du ein zweites Kind bekommen, das ebenfalls Rhesus-positiv wie dein erstes Kind ist, wird es gefährlich. Denn dein Körper produziert sofort Antikörper gegen den Rhesusfaktor deines Ungeborenen.

Diese Antikörper gelangen in dessen Blutkreislauf und richten schlimmen Schaden an. Sie greifen die roten Blutkörperchen des Ungeborenen an und zerstören sie. Abbaustoffe der Blutkörperchen sammeln sich in Leber und Gehirn an. Zudem droht dem Kind eine Blutarmut. Die Folge: Sein Körper wird nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Je nachdem, wie schwer der Sauerstoffmangel ist, kann das Baby schwere Schäden davontragen oder sogar sterben.

Bist du rhesus-positiv und dein Kind rhesus-negativ, gibt es keine Immunreaktion! Denn dein Kind besitzt das Protein ja nicht. Dies gilt auch, wenn beide rhesus-negativ sind.

Ich bin rhesus-negativ. Und nun?

Die gute Nachricht: Das ist überhaupt kein Problem – selbst dann nicht, wenn dein Kind rhesus-positiv ist! Bei allen Rhesus-negativen Schwangeren wird eine sogenannte Anti-D-Prophylaxe mit Immunglobulinen durchgeführt, also eine Behandlung mit Antikörpern gegen den Rhesusfaktor. Gewonnen werden sie aus Spenderblut.

Die Antikörper setzen sich auf die Blutkörperchen vom Kind, sollten diese in dein Blut gelangen. Sie fangen die Blutzellen gewissermaßen ab. Damit werden die kindlichen Blutzellen zerstört, bevor sie dein Immunsystem als fremd erkennen kann. Diese Prophylaxe wird in der 28 SSW gespritzt, da dein Blut in der Regel erst gegen Ende der Schwangerschaft mit dem Blut deines Babys in Berührung kommt und sich die Immunglobuline nur im Schnitt zwei bis drei Monate im Körper halten.

Ist dein Kind dann tatsächlich Rhesus-positiv, erhältst du bis zu 72 Stunden nach der Geburt noch einmal Anti-D-Immunglobulin gespritzt, um sicher zu gehen. Damit können bei zukünftigen Schwangerschaften Komplikationen verhindert werden.

So funktioniert der Test

Wenige Wochen vor der Geburt, in der 35. bis 37. Schwangerschaftswoche, nimmt dein Arzt einen Abstrich von Scheide und Enddarm (Rektum). Wenn du einen Rektumabstrich als unangenehm empfindest, sprich das ruhig in der Praxis an. Es ist auch möglich, einen Abstrich aus der Umgebung des Anus zu nehmen. Der Abstrich wird dann in ein Labor geschickt und dort auf B-Streptokokken getestet

Weitere Tests

Fällt der Test positiv aus, heißt es: du trägst Streptokokken der Gruppe B in dir. Auch wenn das Risiko nicht hoch ist, dass sich dein Kind bei dir ansteckt, wird dir dein Arzt eine Antibiotika-Therapie zu Beginn der Geburt empfehlen. In der Regel ist das Penicillin. Es wird dir mehrere Stunden bevor dein Baby zur Welt kommt intravenös verabreicht.

Etwa 30 bis 40 Prozent der Schwangeren mit negativem Rhesusfaktor erwarten ein rhesus-negatives Kind. Dann sind keine Probleme zu erwarten, denn das Blut von Mutter und Kind vertragen sich. Die Anti-D-Prophylaxe in der Schwangerschaft ist nur dann notwendig, wenn die rhesus-negative Frau ein rhesus-positives Baby bekommt. Seit einiger Zeit können Labore aus dem Blut der Mutter auch den Rhesusfaktor des Ungeborenen bestimmen. Durch diesen Test brauchen viele der rhesus-negativen Frauen keine Prophylaxe mehr. Seit Ende November 2020 ist dieser Test auch Kassenleistung.

Nutzen

Die Blutuntersuchungen sind vollkommen ungefährlich, sowohl für dich als auch für dein Kind. Mit dem Test wird früh festgestellt, ob sich dein Blut und das Blut deines Babys vertragen oder nicht. Sollte es eine Unverträglichkeit geben, ist das nicht schlimm. Eine Behandlung schützt dein Kind.

Gut zu wissen

Nicht nur bei der Geburt können die Blutzellen deines Kindes in deinen Körper gelangen. Auch bei bestimmten Tests, etwa der Chorionzottenbiopsie, Fruchtwasseruntersuchung oder Nabelschnurpunktion ist dies möglich. Daher bekommst du auch dann eine Prophylaxe.